FEHLER ERKENNEN
Kaum ein öffentliches Transportmittel löst so unterschiedliche Emotionen aus, wie der Zug. Manche nutzen ihn täglich für den Weg zur Arbeit und ärgern sich über die immer gleichen Verspätungen und vollen Waggons. Für andere bedeutet er den Beginn einer tollen Urlaubsreise und wieder andere fahren Zug, allein um des Zugfahrens willen. Auf eines vertrauen wir dabei aber alle: dass wir sicher an unser Ziel gelangen. Dafür sind aber nicht allein die Zugführer*innen verantwortlich, sondern auch äußere Umstände. Das Eisenbahn-Bundesamt ist dafür zuständig, dass alle Zugstrecken sicher befahrbar sind. Und das hat jetzt eine potenzielle Gefahrenquelle ausfindig gemacht. Der Stahl, der für Brückenlager verwendet wird, kann unter bestimmten Bedingungen porös werden und brechen, was möglicherweise einen Brückeneinsturz zur Folge hätte. Um dieses mögliche Risiko – insbesondere auch für die Reisenden – schnellstmöglich zu beseitigen, hat das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung (DZSF) beim Eisenbahn-Bundesamt Prof. Dr. Bertram Kühn von der Technischen Hochschule Mittelhessen beauftragt.
FEHLER VERSTEHEN
Zunächst einmal sollte jetzt aber niemand Angst haben, mit dem Zug zu fahren, denn das Problem ist zwar drängend, eine akute Gefahr besteht aber nicht. Vielmehr geht es darum, alle möglichen Gefahrenquellen für die Zukunft zu eliminieren. Prof. Dr. Kühn ist Experte für Stahl und Bauwesen und weiß deshalb, was das Problem ist: Kälte. Bisher war Stahl das Mittel der Wahl beim Bahnbau, da er zäh und biegsam ist. So kann er Erschütterungen durch die fahrenden Züge auffangen. Bei extremer Kälte verliert er aber genau diese Eigenschaften. Zu vergleichen ist das mit einer Banane, die in Trockeneis getaucht wird. Vorher ist sie weich und elastisch, doch wird sie schockgefroren, reicht ein kleiner Schlag aus und sie zersplittert. Ähnlich könnte es potenziell auch mit Stahlkonstruktionen, wie den Brückenlagern passieren, wenn diese zuvor schon durch dauerhafte Belastung Ermüdungserscheinungen aufweisen. Das Vorhaben ist also ein Großprojekt, denn: „Es gibt fast keine Brücken ohne Lager.“
FEHLER BEHEBEN
Die Aufgabe des Teams der THM ist es jetzt, in den nächsten zweieinhalb Jahren an einer Alternative zu den bisherigen Lagern zu forschen. Dabei ist aber noch völlig offen, ob die Lösung auf eine andere Art der Konstruktion oder vielleicht sogar ein ganz neues Material hinausläuft. Versuche mit Brückenlagern und einer starken Presse sollen die Belastung durch unterschiedlich schwere Züge simulieren und so Auskunft darüber geben, was in Zukunft verändert werden muss. „Wir möchten die Zukunft noch sicherer gestalten,“ sagt Prof. Dr. Kühn. Gerade in Zeiten, in denen wir der Umwelt zuliebe mehr und mehr auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen sollten, sind das doch wirklich gute Aussichten und eine Ausrede weniger, doch lieber mit dem Auto zu fahren.