Konkrete
Idee
Mit ihrer Masterarbeit haben Sebastian Lorenz und Susan Radisch einen wichtigen Diskussionsbeitrag zum Problem der Schrumpfung in Mittelstädten geleistet und das Thema am Beispiel von Zeitz im Süden Sachsen-Anhalts durchdekliniert. Die Dom- und Residenzstadt zählte 1984 noch rund 43.500 Einwohner – 2017 waren es nur noch ca. 28.400. Hinzu kommt ein verschwindend geringer Anteil der Bevölkerungsschicht zwischen 25 und 45 Jahren, also der reproduktionsfähigen Jugend. Das wiederum bedeutet: potentielle Arbeitskräfte und Anwohner fehlen – jetzt und auch in Zukunft. Lorenz und Radisch untersuchten Strukturen und Potentiale der Stadt und versuchten bislang unentdeckte städtebauliche Perspektiven zu schaffen, um Anwohnern, Interessierten und auch Weggezogenen potentielle bzw. bislang ungenutzte Stadträume und damit verbundene Möglichkeiten aufzuzeigen.
Konkrete
Ergebnisse
Ziel war es, basierend auf dem Beispiel Zeitz – und einer Auswahl von 65 anderen bundesdeutschen Mittelstädten – eine möglichst allgemeingültige „städtebauliche Impulsstrategie“ gegen die kontinuierliche Schrumpfung zu entwickeln. Dabei wurden die Aspekte Lage, Demographie und Grad der Stagnation einbezogen. Radisch und Lorenz verglichen die Stadtentwicklungskonzepte miteinander und analysierten die jeweiligen Leitbilder. So konnten Gemeinsamkeiten und Unterschiede identifiziert werden, aber auch Aspekte, die möglicherweise Impulse für eine Weiterentwicklung geben können. „Daraus ergaben sich einzelne Handlungsfelder. Sie sind als Angebot gedacht, bestehende Konzepte zu prüfen, zu ergänzen und zu entwickeln – individuell angepasst an die jeweiligen örtlichen Besonderheiten“, so Radisch und Lorenz. Zu den insgesamt 18 Handlungsfeldern zählen unter anderem Region, Bildung, Verkehr, Identität/Image, Stadtwesen und Wohnen. Zum Handlungsfeld Identität/Image gehört beispielsweise der Schwerpunkt „Historische Stadtsubstanz bewahren“ – wie bei der historischen Stadtbibliothek Zeitz angewandt. Im Grunde liefern Radisch und Lorenz mit ihrer Arbeit einen „Baukasten“ mit Handwerkszeug, das individuell genutzt werden kann. Nun kommt es auf die Anwendung an.
Konkrete Würdigung
Das Konzept wurde bereits zweimal ausgezeichnet: Im November 2018 wurde die Arbeit mit Platz 4 der „Baunetz Campus Masters“ und im September 2019 mit dem Förderpreis der Sommerakademie der Kulturstiftung Hohenmölsen (SOMAK) geehrt. In der Begründung der „Baunetz“-Jury hieß es: „In Zeiten, in denen alle über Wohnungsmangel und bezahlbares Wohnen diskutieren, thematisieren die Verfasser ein Thema, welches nach intensiver Diskussion seit den 2000er Jahren in Vergessenheit geraten ist: Das Problem der Schrumpfung und Stagnation von Städten. Der eklatante Wohnungsmangel in den Großstädten und beliebten Ballungsräumen ist dabei nicht konträr, sondern auch Teil derselben Entwicklung. Die Steigerung der Attraktivität stagnierender Städte kann ein wichtiger Beitrag zur Lösung der Wohnungsfrage sein.“ Prof. Dr. Andreas Berkner (Uni Leipzig), Kuratoriumsvorsitzender und Vorsitzender der SOMAK-Jury, stellte in seiner Laudatio für die Preisträger fest, dass sich Mitteldeutschland in einem Spannungsfeld zwischen wachsenden Metropolen und „versteckten Perlen“ befindet: „Dazu zählt auch das Mittelzentrum Zeitz. Das Engagement der Preisträger, sich kreativ, dialogorientiert und professionell visualisiert mit den dort vorhandenen Entwicklungspotenzialen auseinanderzusetzen, hat die Jury überzeugt.“