Roboterprogrammierung in der Pandemie
Gökçe Aydos — Technische Hochschule Deggendorf*
Wegen der Pandemie mussten wir an der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) auch auf die Präsenzübungen verzichten, in denen die Studierenden unter Anleitung Roboter so programmieren, dass die Roboter in einem Labyrinth autonom navigieren können. Da ich diese praktischen Übungen aufgrund der Förderung des Theorie-Praxis-Transfers und der Motivation äußerst wichtig für die Lehre von autonomer Robotik finde, habe ich eine Umgebung sowohl mit einer Simulation als auch mit echten Robotern entwickelt. Im Folgenden möchte ich Ihnen dieses Konzept darstellen.
Nach meiner Erfahrung haben die Studierenden Konzentrationsschwierigkeiten, wenn sie über längere Zeit — ins- besondere in Form von Fernlehre — zuhören müssen. Eine rein passive Vermittlung von Wissen ist zudem nicht zielführend für den notwendigen Kompetenzaufbau. In dem Sinne bevorzuge ich den flipped-class Ansatz, in dem sich die Studierenden mit Online-Materialien auf die kostbare Zeit, nämlich unser virtuelles Treffen via Videokonferenz vorbereiten. Somit können wir die Vorlesungs- und Übungszeiten für Fragen, Diskussionen, Gruppenübungen und individuelles Feedback mit dem Ziel des tiefergehenden Verstehens und Anwendens einsetzen.
Es gibt keine Möglichkeit, jeden Studierenden mit einem Roboter auszustatten, aber auch wegen den Konzentra- tionsproblemen keine Möglichkeit für lange virtuelle Übungen. Wie können sich die Studierenden dann in Selbstregie auf die Programmierübungen vorbereiten? Mit einer Simulationsumgebung, in der die Studierenden zuerst den Roboter in einem virtuellen Labyrinth navigieren lassen!
Das Programmierframework, das die Studierenden für die Programmierung von Robotern einsetzen, unterstützt unter anderem auch die Simulation von Roboterbewegungen. Deswegen musste ich das kleine Labyrinth, das ich in der Übung aufbaue, in dem Simulationswerkzeug nachbilden. Somit konnten sich die Studierenden zu Hause auf die Übung vorbereiten.
In unserer gemeinsamen virtuellen Übung angekommen, haben die Studierenden die Möglichkeit, echte Roboter zu steuern. Dafür habe ich an verschiedenen Stellen des Übungsraums an der THD Kameras aufgestellt, die auf das Labyrinth und die Roboter gerichtet sind. Die Studierenden können damit ihren Programmcode auf echten Robotern testen, obwohl sie von zu Hause aus virtuell an der Übung teilnehmen. Der Roboter führt dann den entsprechenden Programmcode im Übungsraum aus, seine Bewegungen im Labyrinth werden virtuell über die Kameras übertragen.
Mit diesem Konzept mussten die Studierenden trotz der Pandemie nicht auf die praktischen Übungen verzichten. Die Studierenden haben dieses Vorgehen sehr gut evaluiert, weil es ihnen Spaß gemacht hat und sie ihre selbst erarbeiteten Codes in einem authentischen Setting austesten konnten. Ich werde die Robotersimulationen und den flipped-class Ansatz als Vorbereitung auch zukünftig beibehalten, da die Studierenden hier nach eigenem Vorwissen und Lerntempo zeitlich und örtlich flexibel üben können. Dies ist in keiner Präsenzveranstaltung möglich und bietet uns einen großen Mehrwert.
Ein einfaches Labyrinth von unserem virtuellen Treffen. Die umgekippten Becher repräsentieren die Wände. Der Roboter ist schwarz und hinten links. Der Ständer rechts ist für die Energieversorgung.
Simulation von einem einfachen rechteckigen Labyrinth. Der Roboter befindet sich in der Mitte. Das weiß-rote Rechteck zeigt, was die Roboterkamera wahrnimmt.
*Herzlichen Dank an Karina Fisch für die Unterstützung bei der Ausarbeitung.