Praxisnahes Lernen im Projektmanagement im digitalen Kontext
Im Sommersemester 2020 wurde das Präsenz-Modul „Angewandtes Bauprojektmanagement“ im Studiengang Immobilienmanagement an der Hochschule RheinMain erstmalig vollständig auf ein digitales Format umgestellt. Die Lehre und die Gruppenarbeiten stützen sich dabei auf ein Videokommunikationssystem mit Teilgruppenräumen (sog. Breakout sessions). Das Lernmanagementsystem (STUD.IP) ermöglicht den Austausch von Fragen und Antworten in Foren, den Download von Screencasts zum besseren Verständnis der Methodik oder die Abgabe von Lernergebnissen als digitale Präsentation mit Audio-Kommentaren. Ein CoWriter Pad (oder auch Etherpad) ermöglicht kollaboratives Arbeiten während der Lerneinheiten und der interaktiven Anwendung der neuen Lehr-/Lernmethodik. Die Studierenden haben dieses Angebot sehr engagiert, begeistert und aktiv genutzt. „Die virtuelle Gruppenarbeit hat sich besser als erwartet erwiesen“, so eine Stimme einer Studierenden in der anonymen Befragung am Ende der ersten Lehreinheit.
Der Umstellung auf die digitale Lehre in diesem Modul stellt sich wie folgt dar
Präsenzunterricht
- Erklärung der Lehr-/Lernmethodik (Vorlesung)
- Impulsvortrag vor Ort
- Gruppenarbeit vor Ort
- Anwendung der 7-Sprung-Methode auf Papier
- Präsentation der Lernergebnisse vor Ort (nicht zwingend mit Hilfsmitteln)
- Fragen im Auditorium
- schriftliches Feedback über One-Minute-Paper
- Schriftliche Evaluierung
Digitale Lehre
- Erklärung der Lehr-/Lernmethodik (Screencasts)
- Impulsvortrag mit Webex
- Gruppenarbeit in Breakout sessions
- Anwendung der 7-Sprung-Methode mit dem Co- Writerpad (Etherpad) von STUD.IP
- Präsentation der Lernergebnisse als vorher aufzeichnete, virtuelle Präsentation mit Audiokommentaren
- Umfragefunktion in Webex
- schriftliches Feedback über Mentimeter
- Online-Evaluierung (Stud.IP)
Seinen einzigartigen Charakter gewinnt das Modul nicht nur durch die Digitalität, sondern auch durch einen Paradigmenwechsel zur studierendenzentrierten Lehre. Die Studierenden bearbeiten ein fiktives Hochbauprojekt (ähnlich dem Bau der Europäischen Zentralbank in Frankfurt). Die Lehrenden geben weder Fragen noch Lösungsstrategien vor, sondern konfrontieren die Studierenden mit realistischen Szenarien. Es bleibt den Studierenden überlassen, die Herausforderungen zu verstehen und im Team konkrete Lösungsschritte zu entwickeln. Die Lehrenden wechseln in die Rolle des Coaches: Sie helfen, wenn die Studierenden Fragen stellen – geben die Fragestellungen aber nicht vor. Dieses szenariobasierte Lernen in Kombination mit der Sieben-Sprung-Methode zeichnet sich dadurch aus, dass Studierende Wissen von Anfang an kreativ entwickeln, statt es passiv zu übernehmen und zu reproduzieren. Sie lernen, Probleme und Herausforderungen in virtueller Teamarbeit zu erkennen, sich selbstständig Informationen zu beschaffen, (theoretisches) Vorwissen einzusetzen und ihren (Lern-)beitrag eigenverantwortlich, teamorientiert und zielgerichtet im Sinne der Gruppenziele einzubringen. All das gelingt in komplett digitaler Kollaboration und Kooperation und bietet somit eine vollwertige Alternative zu Präsenzveranstaltungen.
Am Ende überzeugt das Modul durch den erkennbaren Zuwachs an Fähigkeiten und Fertigkeiten bei der Bearbeitung von komplexen Fragestellungen. Das voll digitale Modulangebot im SoSe 2020 (wie auch anschließend im SoSe 2021) brachte einen besseren Notendurchschnitt als in den vorangegangenen Jahren. Zudem war die Anwesenheitsquote regelmäßig höher und die Abbruchrate vernachlässigbar.
Die effektive Kombination aus szenariobasiertem Lernen und Sieben-Sprung- Methode – auch in dem neuen, virtuellen Format – ist praktisch auf nahezu alle Studiengänge übertragbar, so z.B. in der diagnostischen Medizin, der sozialen Arbeit, im Software-Engineering oder den Ingenieur- und Naturwissenschaften. Durch die Umstellung auf das digitale Lehr- Lernformat ist sie darüber hinaus flexibel einsetzbar, ortsunabhängig und auch für höhere Semester in Bachelorstudiengängen wie für Module in Master-Studiengängen geeignet.