Platz 1: Der virtuelle Wald
Der virtuelle Wald – Exkursionen 4.0 in 3D-VR-360°
Was sind Plenterwälder und wie werden sie nachhaltig weiterentwickelt?
Mit der Pandemie musste auch forstliche Lehre vom Wald-Raum in den Digital-Raum verlagert werden. Dabei ergaben sich zunehmend Chancen, neue didaktische Lehrmethoden zu erproben und auf Tauglichkeit zu überprüfen. Gerade für die forstlich-waldbaulichen Vorlesungen brauchte es Lösungen, die einen Waldbesuch ersetzen können.
Im Rahmen des vom BMEL finanzierten Projektes „3-Pfeile“ (Leitung: Prof. Dr. Sebastian Hein, Christoph End) wurde daher speziell für den Einsatz in der Lehre eine virtuelle Waldumgebung entwickelt, um Studierenden und auch internationalen Partnern aus der Distanz den Wald in einer 360°-Umgebung und 3D erlebbar zu machen. Plenterwaldflächen (Anm. d. R.: als besonders naturnah geltende Wälder, hier mit „jungen und alten Tannen, Fichten und Buchen auf engem Raum nebeneinander wachsend“) aus dem Schwarzwald wurden mittels modernster Fototechnik und Drohneneinsatz vermessen, aufbereitet, mit Lerninhalten ergänzt und auf der Plattform verfügbar gemacht. Mittels der 3D-Plattform und deren Inhaltsbausteine ist eine Waldexploration als Selbststudium und als Vorlesung mit Demonstrationen und Aktionen auf der Plattform in Echtzeit möglich. 3D- Brillen ermöglichen eine immersive Erfahrung, sodass die Nutzer:innen direkt in den Wald eintauchen. Fast wie in Realität können sie sich umschauen und einen sehr realistischen Eindruck eines Schwarzwälder Plenterwaldes erhalten.
Dabei erfolgte die Herangehensweise mehrstufig: Zunächst wurde die Plattform in der eigenen digitalen Lehre als Exkursionsersatz und –vorbereitung eingesetzt. Aber auch bei der Erstellung wurde schon didaktisches Neuland beschritten: Im studiengangübergreifenden Kooperationsformat erarbeiteten Studierende des Masterstudiengangs Forstwirtschaft Inhaltsbausteine, um den jüngeren Kommiliton:innen (B.Sc Forst) die Besonderheiten der Plenterwaldbewirtschaftung mittels Verwendung dieser neuen Lehrplattform zu vermitteln. Die Plattform wurde dabei auf Mehrsprachigkeit (englisch, französisch, japanisch) ausgelegt, die sich auf alle Darstellungsformen erstreckt (Filme, Foto, Tabelle, Grafik, Text, Quizz, usw.). Unterstützt wurden die neuartigen didaktischen und technischen Lösungen durch ein sog. HUMUS-Projekt, mit dem die Hochschule für Forstwirtschaft innovative didaktische Lehre fördert.
Die M.Sc. und B.Sc.-Studierenden äußerten sich mit einem eigens angefertigten Testimonial- Unterstützerschreiben zu diesem Forschungs-Lehre-Experiment und hoben besonders auf den Aspekt des Lernens im eigenen Tempo und dem Nachhaltigkeitspotential der Plattform ab. Auch Gabriele Hägele (Referentin für Hochschuldidaktik) kommentierte die Ausbau- und künftigen Einsatzpotentiale des 3D-Waldes begeistert und sieht die Ziele des Projektes, nämlich die Eigenmotivation und Selbststeuerung der Studierenden anzuregen und zu stärken, gut im Fokus. Gleichfalls erfüllt diese neue Art des digitalisierten Lernens eine Reihe von Zielen für eine nachhaltige Entwicklung (17 SDGs) und trägt somit zur „Transformation unserer Welt“ bei. Zentrale ökologische Aspekte wie das nachhaltige Bewirtschaften von natürlichen Ressourcen (SDG 15) können jetzt durch den erleichterten Zugang zu Wissen (SDG 4) sogar klimaneutral, bzw. emissionsreduziert (SDG 12) global (SDG 17) vermittelt werden. Es ist bereits geplant, weitere Wälder in diesem Format zu präsentieren – allerdings fügten die Studierenden wie auch der Projektleiter, Prof. Dr. Sebastian Hein unisono hinzu: „Auch wenn neue Technologien den Wald digital erlebbar machen, so ist doch der echte Besuch eines Waldes durch nichts zu ersetzen.“ Weitere hybride Formate sind beabsichtigt. Diese sollen dann mit Kohortenstudien (Lernerfolg Studierender mit/ohne Präsenz-/ Hybridlehre) bildungswissenschaftlich begleitet werden.
Dieser neue Zugang zu Wald, speziell Plenterwald, wird nicht nur für die eigenen Studierenden wichtig, sondern auch für die internationalen Gäste, die im Rahmen von Summer-Schools etc. regelmäßig die HFR besuchen und denen eine Reise nach Deutschland z.Z. nicht möglich ist. Im besonderen Fokus des Jahres 2021 standen die mehr als 50 Studierenden und Professoren aus Japan, die alljährlich im Herbst zu einer forstlichen Exkursionswoche die Wälder im Südwesten „live“ erleben wollten und nun mittels der digitale 3600-Waldplattform eine eindrucksvolle Plenterwald-Alternative erleben können: nächster Einsatz in jp.-dt. binationaler Lehrveranstaltung im WS21/21. Die zunächst aus der Not geborene digitale 3D-Waldplattform entwickelte sich als Lehrinstrument erfreulicherweise viel erfolgreicher als gedacht zu einem zukunftsweisenden Vermittlungsformat für Themen im Verbindung mit Naturraumexkursionen.
Inhaltliches & Didaktisches Konzept sowie Technische Plattform:
Prof. Dr. Sebastian HEIN (Waldbau & Waldwachstum): hein@hs-rottenburg.de
Gabriele HÄGELE M.A. (Referentin für Hochschuldidaktik): haegele@hs-rottenburg.de
Christoph END (Diplom-Regionalwissenschaftler Japan, MBA): end@hs-rottenburg.de