Multifunktionale Systeme ohne Hinsehen benutzen: Intelligenter Drehcontroller für Autos
TH Köln entwickelt Software für Griff- und Gestenerkennung
Radiosender, Klimaanlage, Navigationssystem: Durch die Digitalisierung steigt die Anzahl vernetzter Geräte mit vielfältigen Funktionen in Fahrzeugen. Die verschiedenen Anwendungen werden in der Regel über einen zentralen Touchscreen gesteuert. Davon kann allerdings eine starke Ablenkung ausgehen. Die TH Köln entwickelt daher gemeinsam mit der Brehmer GmbH und Co. KG sowie der Omni Elektronik GmbH im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens DREA einen intelligenten Drehcontroller. Damit sollen multifunktionale Systeme in Autos einfacher benutzt werden können.
„Die Benutzung von Touchscreens in Autos wird insbesondere durch äußere Einflüsse gestört. Eine tiefstehende Sonne zum Beispiel blendet die Nutzenden und erschwert damit die Handhabung. Bei einem Touchscreen muss ich zudem hinschauen, um zu erkennen, ob es meine Befehle erfasst hat – das lenkt vom Fahren ab“, erläutert Prof. Dr. Matthias Böhmer vom Cologne Institute for Digital Ecosystems der TH Köln.
Ziel von DREA ist deshalb die Entwicklung eines intelligenten Drehcontrollers, der für multifunktionale Systeme geeignet ist. Der Controller soll mit einer Griff- und Gestenerkennung sowie mit haptischem Feedback ausgestattet werden, damit eine große Anzahl von Funktionen mit einem einzigen Handgriff gesteuert werden kann. „Der Controller soll im Vergleich zu herkömmlichen Touchscreens intuitiver und weitestgehend ohne Hinsehen benutzt werden können“, so Böhmer. Gegenüber einer Sprachsteuerung könne ein Controller darüber hinaus schneller Befehle umsetzen und sei robust gegenüber Umgebungsgeräuschen.
Software soll Anzahl der Finger und Dreh-Gesten erkennen
Die Projektpartner Brehmer und Omni sind im Vorhaben für die Hardware zuständig. Damit die eingesetzte Mechatronik und Elektronik frei von Verschleiß bleiben, sollen die Sensoren zur Griff- und Gestenerkennung fest in einer unbeweglichen Basis am Armaturenbrett verbaut werden. Diese Basis wird von einer drehbaren Kunststoffhülle umschlossen. Wenn Nutzende die Hülle bewegen, sollen die Finger an den Sensoren vorbeigeführt und von diesen erfasst werden.
Das Team des Cologne Institute for Digital Ecosystems der TH Köln entwickelt im Projekt eine Software zur Griff- und Gestenerkennung. „Durch das Drehen mit einer unterschiedlichen Anzahl von Fingern und so genannten Dreh-Gesten werden verschiedene Funktionen gesteuert“, erläutert der wissenschaftliche Mitarbeiter David Petersen. „Denkbar wäre zum Beispiel, dass mit zwei Fingern die Lautstärke eingestellt, mit drei Fingern im Navigationssystem gezoomt und mit vier Fingern die Klimaanlage reguliert wird.“ Die Erkennung von speziellen Dreh-Gesten soll die Eingabemöglichkeiten erweitern. So könnte mit einer kurzen schnellen Hin- und Her-Bewegung etwa vom Radio auf das Navigationssystem gewechselt werden. Ein haptisches Feedback, also eine Vibration, soll den „Einrast-Effekt“ simulieren und die intuitive Benutzung zusätzlich erleichtern.
In der ersten Projektphase werden zunächst die Anforderungen an einen solchen Drehcontroller ermittelt. „Dabei geht es insbesondere um die Gestaltung des Controllers im Mensch-Maschine-Kontext. Also: Wie groß muss ein solcher Controller sein, damit er mit einer unterschiedlichen Anzahl von Fingern benutzt werden kann? Wie kann erkannt werden, wie Nutzende nach dem Controller greifen? Und was soll passieren, wenn man eine Drehbewegung beispielsweise mit fünf Fingern beginnt, aber mit vier beendet? Diese und weitere Fragen werden zunächst im Rahmen von Studien erörtert“, erklärt Böhmer.
Das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „Drehcontroller mit Griff-, Gestenerkennung und taktilem Feedback für Autos“ (DREA) wird an der TH Köln unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias Böhmer vom Cologne Institute for Digital Ecosystems durchgeführt. Projektpartner sind die Brehmer GmbH und Co. KG und die Omni Elektronik GmbH. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) über 22 Monate gefördert.
Foto: TH Köln