Im Interview mit Herrn Prof. Dr. Baumann
Herr Prof. Dr. Baumann, 50 Jahre Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in NRW. Was bedeutet das für Sie persönlich?
Dieses Jubiläum erfüllt mich schon mit einem gewissen Stolz. Nach meinem Studium an der RWTH Aachen, einer technischen Universität, habe ich lange selbst in der Arktis und Antarktis im Zusammenhang mit Fragestellungen zu globalen Klimaveränderungen geforscht. Die Frage, wie wir wissenschaftliche Erkenntnisse für Mensch und Umwelt, für die Gesellschaft, nutzbar machen können, hat mich immer umgetrieben. Das ist genau das, was Lehre sowie Forschung und Entwicklung an HAWs auszeichnet: Praxisnähe, Anwendungsbezug, der Transfer von der Wissenschaft in Wirtschaft und Gesellschaft und die Entwicklung von Innovationen. Wie sich die HAWs in einem halben Jahrhundert zu zentralen Akteurinnen im deutschen Wissenschafts- und Innovationssystem entwickelt haben, finde ich einfach großartig.
Das Motto der Kampagne lautet ja „Unglaublich wichtig“. Können Sie kurz skizzieren, warum die HAWs so wichtig für Land und Region sind?
Als HAWs zeichnet uns die enge Verbundenheit und Verzahnung mit Unternehmen und Gesellschaft in unserer jeweiligen Region aus. Wir leben Transfer, denn wie soll sich ein kleines oder mittleres Unternehmen eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung leisten können? Wir bilden daher nicht nur Fachkräfte aus, sondern entwickeln gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern konkrete Problemlösungen. Dazu kommt immer häufiger auch die Aufgabe, den Weg über Ausgründungen in die Selbstständigkeit zu ebnen. Unsere praxisnah ausgebildeten Studierenden wissen oft genau, mit welchen innovativen Produkten und Verfahren sie in eigenen Unternehmen Impulse setzen können.
Gerade beschäftigt uns alle eine globale Pandemie. Was glauben Sie, können die HAWs zu weiteren globalen Herausforderungen wie z. B. Klimawandel, nachhaltiger Energiewirtschaft oder Mobilität beitragen?
An den HAWs betrachten wir ein wissenschaftlich erkanntes Phänomen nicht allein als solches, sondern denken sofort weiter. Sie werden keine Seminare, keine Übungen an unseren Hochschulen finden, die nicht unmittelbar Bezug auf aktuelle Herausforderungen unserer Gegenwart nehmen. Und wenn Sie einen Blick auf aktuelle Forschungsprojekte an unseren Hochschulen werfen, werden Sie sich unweigerlich an die Zeitungslektüre heute Morgen am Frühstückstisch erinnert fühlen.
Wo sehen Sie weiteres Potenzial in der Entwicklung der HAWs? (Stichwort Promotionsrecht) Seit den Gründerjahren haben sich die FHs sehr erfolgreich zu den heutigen HAWs weiterentwickelt. Wo sehen Sie die HAWs in den nächsten Jahrzehnten verortet?
Wir werden als HAWs unser Profil als Orte praxisnaher Lehre und anwendungsorientierter Forschung, als bestens vernetzte Akteurinnen im regionalen Innovationnetzwerk weiter schärfen. Entwicklungen wie die Gründung des Promotionskollegs der HAWs in NRW Ende des vergangenen Jahres und der stetige Ausbau der Forschungsförderung werden dabei wichtige Schrittmacher sein. Dass wir uns als HAWs diese Entwicklungen noch zügiger wünschen würden, liegt auf der Hand. Aber wir werden auch in der eigenen und medial gestützten Darstellung unserer Stärken, Interessen und Bedarfe immer besser. Diese Jubiläumskampagne ist dafür ein gutes Beispiel.
Foto: FH Aachen