Die Zwickauer Energiewende
Im Zwickauer Stadtteil Marienthal soll die Energiewende gleich in zwei vom Bundesministerium geförderten Projekten der WHZ demonstriert werden. Insgesamt erhält die WHZ einen Anteil von über 6 Mio. € Fördermittel für beide Projekte. Neben der Stadt Zwickau sind die Zwickauer Energieversorgung sowie die sächsische Wohn- und Baugenossenschaft wichtige Partner.
Private Haushalte verbrauchen laut Angaben des Umweltbundesamts rund ein Viertel der Gesamtenergie in Deutschland. Die anderen Sektoren sind Industrie, Verkehr sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen. Der Anteil der Haushalte lag 1990 fast genauso hoch wie heute. Mehr als zwei Drittel davon werden zum Beheizen von Wohnraum aufgewendet. Dafür setzen wir hauptsächlich klimaschädliche, fossile Brennstoffe ein. Erst an dritter Stelle stehen erneuerbare Energien wie z.B. Sonnen-, Bio- und Windenergie.
Nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes leben inzwischen 41% der Deutschen in Singlehaushalten. Hinzu kommt, dass immer größere Wohnflächen von einer verhältnismäßig niedrigen Mieterzahl angemietet werden. Diese Faktoren sowie ein wachsendes Verkehrsaufkommen, bedingen für die Zukunft einen steigenden Energiebedarf und erhöhen unsere Umweltbelastung.
Pariser Klimaabkommen
Das Pariser Klimaabkommen verpflichtet daher ab 2020 alle Länder zum Klimaschutz. Gemeinsam wollen die 195 Mitgliedsstaaten gegen die Globale Klimaerwärmung handeln und streben in der zweiten Jahrhunderthälfte eine Nullemission an. Nullemission heißt, es entstehen keine umweltschädlichen Stoffe, die in die Umwelt bzw. Atmosphäre gelangen. Die Wissenschaftler der Westsächsischen Hochschule Zwickau reagieren mit den beiden Projekten ZED und WindNODE auf die Energiewende.
Das Projekt ZED
ZED steht für „Zwickauer Energiewende Demonstrieren“ und ist mit einem Anteil von 4,5 Mio.€ aktuell das größte Forschungsprojekt an der WHZ. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördern das Projekt für fünf Jahre mit rund 16 Mio.€. Ein durch die Stadt Zwickau koordiniertes Konsortium aus 13 Partnern, realisiert dabei ein Null-Emissions-Quartier, das zeigen soll, wie Wohnungen auf Basis elektrisch-thermischer Verbundsysteme, innovativer Speichertechnologien und vernetzter Kommunikationstechnologie zukunftssicher und bezahlbar versorgt werden können. Darüber hinaus spielt auch der soziale Aspekt der Quartiersentwicklung eine große Rolle im Projekt. Die Entwicklung von Mobilitätskonzepten, die Steigerung der Nutzerakzeptanz bezüglich neuartiger Technologien und die Einbindung aller Bewohner und Anlieger im Quartier in das Projektgeschehen vervollständigen die Bemühungen der Projektpartner zur Realisierung und Demonstration der Energiewende.
Umbau von Wohnblöcken zur Nutzung regenerativer Energien
Im Projekt sollen bestehende Geschosswohnungsbauten in einer Großwohnsiedlung in Zwickau Marienthal zu einem Nullemissionsquartier umgebaut werden. Nullemission bedeutet in diesem Zusammenhang, die Wohnungen mit effizienten Technologien wie Photovoltaik, Erdwärme o.ä. auszustatten und so umzubauen, dass sie einen hohen Nutzungsgrad regenerativer Energien verwenden können. Im Zwickauer Stadtteil Marienthal werden drei vergleichbare Liegenschaften betrachtet. Die vorhandene Ausstattung bzw. der Istzustand der Blöcke wird durch die Projektpartner geprüft und für weitere Vergleichsanalysen aufgenommen. Geplant ist zunächst der Umbau von einem bis drei Blöcken. Durch eine ähnliche Mieterstruktur, dieselbe Bauweise, Ausstattung und Ausrichtung können die umgebauten Blöcke mit den ursprünglichen Blöcken sehr gut verglichen werden. Daran soll sichtbar gemacht werden, was technisch machbar und sinnvoll ist. In den ersten zwei Jahren entwickeln die Partner ein Konzept, um die Wirtschaftlichkeit zu beweisen. Danach kann es für drei Jahre in die geplante Umsetzung gehen.
Unterstützung durch Verbraucher
Wichtige Daten für das Projekt liefern die Verbraucher bzw. Mieter der betrachteten Wohnblöcke. Gemeinsam mit der Stadt Zwickau sollen durch die LMU München (Ludwig-Maximilians-Universität München), Mieter im Projekt begleitet werden. Damit kann eine Sensibilisierung, eine höhere Informationsdichte und auch höhere Akzeptanz erreicht sowie mögliches Fehlverhalten der Nutzer dokumentiert werden. Anhand von speziell für das Projekt angepassten Fragebögen soll das Verbraucherverhalten erfasst werden, um Bedürfnisse bzw. Voraussetzungen besser ermitteln zu können.
Projekt WindNODE
Bereits die Hälfte unseres Energiebedarfes decken wir aus einem Mix aus regenerativen Energiequellen. Damit wir unseren Strom in Zukunft vollständig aus erneuerbaren Energien beziehen können, müssen Stromerzeugung und -verbrauch optimal auf einander abgestimmt sein, denn Wind und Sonnenenergie sind nicht 24 Stunden am Tag verfügbar. Wenn alle Akteure im Energiesystem miteinander kommunizieren und über die Netze den Strom austauschen, kann dieses Ziel erreicht werden. Die dafür notwendige digitale Vernetzung durch eine intelligente Informations- und Kommunikationstechnik schafft das Projekt WindNODE. Die Technik soll dem Verbraucher signalisieren, wann Strom günstig verfügbar ist und verbraucht bzw. gespeichert werden sollte. Dadurch kann der Verbraucher seinen Stromverbrauch bestmöglich auf die schwankende Energieerzeugung abstimmen ohne die Netze zu destabilisieren.
Umsetzung in Zwickau Marienthal
WindNODE – das Schaufenster für intelligente Energie aus NOrdostDEutschland wird vom Bundesministerium (BMWI) für vier Jahre gefördert. Wie das Projekt ZED setzt auch WindNODE die im Vorhaben entwickelten Ideen und Maßnahmen im Zwickauer Stadtteil Marienthal um. 1109 Wohnungen dieser Modellregion sind im Netz angeschlossen. Nach einer ersten konzeptionellen Phase, in der bspw. Speichergrößen berechnet oder Zukunftsszenarien simuliert wurden, geht es nun in die Umsetzung. Für den Stadtteil soll ein intelligentes Niederspannungs-Energieversorgungsnetz mit verschiedenen Energiespeichern aufgebaut und bestehende Energieversorgungsnetze umgestaltet werden. Neu an diesem Konzept ist, überschüssige Energie lokal zu speichern, anstatt sie zu exportieren. Bisher sind Energiespeicher in der Energieversorgungstechnik kein Standard. Der Stadtteil Marienthal ist aufgrund der vorhandenen Großgeschossblöcke für das Projekt interessant, da die Mieter, anders als in privaten Einfamilienhäusern, ihre Energieversorgung nicht selbst wählen können. Im Sommer 2018 starteten hierzu die Anpassungen im Stromnetz durch die Zwickauer Energieversorgung GmbH (ZEV). Ein vorhandener Transformator wird durch einen intelligenten, regelbaren Ortsnetztransformator in Verbindung mit einem 100kw Energiespeicher ersetzt. Darüber hinaus wird ein entwickeltes Messsystem die neuen Stromflüsse messen und wichtige Daten liefern. Geplant sind Messungen von ausgewählten Testwohnungen der sächsischen Wohn- und Baugenossenschaft eG (WEWOBAU). In diesen werden digitale Stromzähler verbaut, welche den Verbrauch genau dokumentieren. Neue Ladestationen für Elektrofahrzeuge wurden ebenfalls in den Projektplan integriert und sollen bis 2019 errichtet werden.
Was ändert sich für den Verbraucher?
Im Normalfall kann der Verbraucher seine Energie wie bisher nutzen und bekommt von den Umbaumaßnahmen nichts mit. Im Projekt besteht auch die Möglichkeit Verbraucher aktiv einzubinden und deren Verbrauchsdaten zu analysieren. Hier konnten bereits Testhaushalte durch die WEWOBAU gefunden werden.
Übertragbarkeit der Projektergebnisse auf andere Kommunen
Die Übertragbarkeit der Konzepte von ZED und WindNODE auf andere Kommunen muss im Projekt gewährleistet werden. Zu diesem Zweck werden Demonstratoren entwickelt, um den Bürgern das Thema näher zu bringen. Hier unterstützt beispielsweise die Zwickauer Energieversorgung – ZEV. Sobald die technischen Anlagen wie Demonstratoren und Speichertechnik existieren, sollen diese im Quartier zugänglich und für Verbraucher erlebbar gemacht werden. In Verbindung mit der Musterwohnung im ubineum (Kompetenzzentrum für Wohnen und Leben heute und in Zukunft) können die Wissenschaftler den Menschen zukünftige Wohnformen und technische Möglichkeiten anschaulich demonstrieren.
Foto: WHZ