Agritechnica 2019: Hochschule Osnabrück mit sechs Projekten auf Weltleitmesse für Landtechnik vertreten
Über 2.750 Aussteller zeigen auf vollständig ausgebuchtem Messegelände in Hannover Innovationen, Konzepte und Visionen für die Landtechnik von heute und morgen. Auch die Hochschule Osnabrück stellt ihre Forschungsprojekte am gemeinsamen Stand des Landes Niedersachsen in Halle 21 vor.
Vom 10. bis 16. November werden rund 2.750 Aussteller aus 51 Ländern ihre Innovationen, Konzepte und Visionen für die Landtechnik von heute und morgen auf der Agritechnica, der Weltleitmesse für Landtechnik, in Hannover präsentieren. Der Veranstalter, Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), erwartet in diesem Jahr mehr als 400.000 Gäste, darunter über 100.000 aus dem Ausland. Alle führenden Unternehmen der Branche werden laut einer DLG-Pressemitteilung mit einem umfassenden Angebot, vielen Innovationen und Produktneuheiten vertreten sein. Im Fokus der diesjährigen Messe stehen Lösungen für die strategischen Fragestellungen von Branche und Gesellschaft.
„Agrarsysteme und -technologien“ ist eines der vier Forschungsschwerpunkte der Hochschule Osnabrück. Selbstfahrende Feldroboter, Feldversuche in Westsibirien vor dem Hintergrund des Klimawandels oder die Mitentwicklung eines Niedrigenergie-Gewächshauses: Forschungsarbeiten befassen sich mit unterschiedlichsten Aspekten der Landwirtschaft. „Die Teilnahme an der Agritechnica ist für uns bereits Tradition“, sagt der Vizepräsident für Forschung, Prof. Dr. Bernd Lehmann. „Die weltgrößte Agrarmesse bietet unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine hervorragende Plattform für Vorstellung unserer Innovationen und auch für Vernetzung über Fach- und Ländergrenzen hinaus.“ Gleich sechs Projektteams der Hochschule Osnabrück sind auf der Agritechnica 2019 vertreten.
Hülsenfrüchte: Dank Sensoren Unkraut regulieren und Wasser sparen
Mit Sensoren Unkraut erkennen, um eine teilflächenspezifische Bearbeitung des Bodens mit einem Rollstriegel zu ermöglichen: Das ist – vereinfacht ausgedrückt – das Ziel des Teams um Prof. Dr. Dieter Trautz vom Fachgebiet Umweltschonende Landbewirtschaftung. Dafür werden einzelne Segmente des Rollstriegels technisch so umgebaut, dass sie ein- und ausgesetzt werden können. Vorteil dieses innovativen Konzeptes ist die Minimierung der Keimstimulierung von Unkrautsamen durch Bodenbewegung. Auch verringert sich dadurch der Humusabbau und infolgedessen auch die Freisetzung des Stickstoffs, was Hülsenfrüchten zugutekommt. Ein weiterer Pluspunkt: Der unproduktive Wasserverbrauch wird vermindert – davon profitieren besonders Standorte mit schlechter Wasserversorgung.
Autonome Copter im Gewächshaus
Maryam Fadami und Prof. Dr. Thomas Rath vom Labor für Biosystemtechnik befassen sich mit selbstfliegenden Coptern in Gewächshäusern: Besonders bei großen Gewächshausanlagen sind sie nützlich und ökonomisch sinnvoll. Das Problem: Die für die Navigation notwendigen GPS-Signale werden oft durch Bedachungsmaterialien abgeschirmt oder sind zu ungenau. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Flugumgebung ständig ändert – ob durch Pflanzenwachstum oder durch bewegte Tischsysteme. Das führt zu kostspieligen Kollisionen mit Pflanzen, Konstruktionsteilen oder Maschinen. Um das zu vermeiden, testet das Forschungsteam unterschiedliche Navigationssysteme auf deren Einsatzfähigkeit im Gewächshaus und optimiert bestehende Lösungen. Eine weitere Idee ist, die Klimaregelung in Gewächshäusern mit autonomen Coptern zu verbessern. Dafür werden mit integrierten Miniatursensoren – beispielsweise Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Licht – komplexe Klimazustände mobil erfasst und zur Klimaverbesserung im Gewächs eingesetzt.
Mobile Nährstoffanalyse direkt auf dem Acker
Kleinräumige Kenntnis von Bodeneigenschaften ist für den modernen Pflanzenbau und den optimalen Ressourceneinsatz unentbehrlich. Das bisherige Analyseverfahren mit Labormessungen der Bodenproben bietet keine Optionen für eine Online-Verifizierung der Messergebnisse und erfordert eine Bodenentnahme mit entsprechenden Transportprozessen. An der Lösung arbeitet – gemeinsam mit fünf Kooperationspartnern – das Team um Prof. Dr. Arno Ruckelshausen vom Labor für Mikro- und Optoelektronik. Entwickelt wird ein modular aufgebautes, mobiles Feldlabor für verschiedene Trägerfahrzeuge. Das Feldlabor soll während der Überfahrt die Bodenprobe nehmen, aufbereiten, analysieren – und danach auf dem Acker belassen. Der hohe Automatisierungsgrad und das lokale Datenmanagement mit der Anbindung an externe Datenplattformen schaffen Flexibilität in Verbindung mit ökologischen und ökonomischen Verbesserungen. Neben der automatischen Bewertung der Daten bieten sich auch Potenziale für individuelle Auswertungen zur Beratung: Beispiele sind hier das Ertrags- und Düngemanagement.
Vorsprung durch höherfeste Stähle: Konstruktiver Leichtbau in der Landmaschinentechnik
Prof. Dr. Christian Schäfers und Prof. Dr. Viktor Prediger vom Laborbereich Fahrzeugtechnik haben die Anwendung von hoch- und höherfesten Stählen in der Landtechnik untersucht. Ziel ihres Projektes war die Analyse und Leichtbauoptimierung eines 36 Meter breiten Gestänges, das bei einer Feldspritze zum Einsatz kommt. Nachdem in Versuchsfahrten real auftretende Belastungen ermittelt wurden, haben die Forscher ein Berechnungsmodell erstellt und validiert. Durch grundlegende Querschnittsberechnungen konnten sie dann die optimale Anordnung und Dimensionen der eingesetzten Stahlrohre bestimmen. Das Ergebnis: eine Materialeinsparung von beinahe 40 Prozent. – Im Vergleich zur ursprünglichen Masse von 260 kg konnte ein Gestängesegment bei gleicher Funktion mit etwa 100 kg Stahl weniger ausgeführt werden.
Mobil & modular: Indoor-Farming und Prüfsysteme für die Agrartechnik
Professor für Elektrische Antriebe und Grundlagen Dr. Hans-Jürgen Pfisterer und Professor für Gemüseproduktion und -verarbeitung Dr. Andreas Ulbrich stellen ihre Projekte in einer klimatisch kontrollierbaren modularen Einheit dar. Das eine Exponat zeigt unterschiedliche Ansätze vertikaler erdeloser Kultursysteme in einer kontrollierbaren Atmosphäre für eine standortflexible, standardisierbare und ganzjährige pflanzliche Lebensmittelproduktion. Durch eine intelligente und dynamische Kulturführung, eine optimierte Raumausnutzung sowie eine Steigerung des Wertschöpfungspotentials der erzeugten Produkte soll die Wirtschaftlichkeit solcher Agrarsysteme optimiert werden. Ein weiterer Fokus liegt auf der Kopplung des Agrarsystems mit der Umgebung, um Stoff- und Energiekreisläufe zu schließen und eine deutliche Effizienzsteigerung zu erzielen. Das Thema „Standortflexibilität“ greift auch das zweite Exponat auf – ein System zur Prüfung landtechnischer elektromechanischer Komponenten. Damit können innovative Antriebs- und Elektronikkomponenten entwickelt und bei Unternehmen vor Ort auf Betriebsfestigkeit geprüft werden.
Foto: Hochschule Osnabrück / Detlef Heese